Das Judo Training im Kodokan in Tokyo war einer der Hauptgründe für meine diesjährige Japanreise. Schon lange hatte ich dies als fixe Idee im Kopf. Da ich aber kein Wettkämpfer bin interessierte mich das Kata Training deutlich mehr. Dementsprechend gefreut habe ich mich, als dieses Jahr Sebastian – mein Trainingspartner – mitkam. Natürlich durfte auch das Training im Kodokan nun nicht fehlen.
Vorbereitungen für das Judo Training im Kodokan
Wenn du auch überlegst mal im Kodokan zu trainieren, so sei dir die offizielle Website stark ans Herz gelegt. Unter http://kodokanjudoinstitute.org/en/ findest du fast alle wichtigen Informationen. So kann man herausfinden, welche Regeln es gibt, wo wann welches Training stattfindet, und auch, wer ein Ansprechpartner für weitere Fragen sein könnte.
Mögliche Trainings im Kodokan
Der Kodokan bietet natürlich auch kontinuierliche Kurse an. Um an diesen teilnehmen zu können müsstest du aber eine längere Zeit in Japan verbringen (etwa ein Jahr). Da dies nicht das Hauptaugenmerk dieses Artikels ist werde ich das hier mal außen vorlassen. Eine Ausnahme bietet hier die Teilnahme am Kindertraining. Hier kann man auch bei kürzerem Aufenthalt mittrainieren, die genauen Details sind mir aber nicht bekannt und sollten erfragt werden.
Interessant für wohl alle dürfte das tägliche freie Training sein. Im größten Dojo des Kodokan (vier Mattenflächen) findet an allen Tagen außer Sonntag zwischen 16.oo und 20.00 Uhr ein freies Training statt. Am Samstag läuft es nur bis 19.30 Uhr. Offiziell ist das Training für Frauen zeitlich enger begrenzt und ist von 18.00 bis 19.30 Uhr angesetzt, allerdings habe ich sowohl vorher, als auch nachher Frauen auf der Matte gesehen. Bei diesem Training geht es in erster Linie um Randori, aber auch Uchi-Komi oder Kata-Training ist häufig zu beobachten.
Zeiten und Lehrer des Kata Trainings
Das Kata Training findet jeden Dienstag von 17.00 bis 19.00 Uhr im „International Dojo“ des Kodokan statt. Dieses befindet sich im sechsten Stockwerk und ist ganz einfach zu finden. Zudem gibt es an zwei Samstagen im Monat zusätzliches Kata Training. Für das Training wird keine zusätzliche Gebühr fällig und man kann im Anschluss natürlich noch am freien Randori teilnehmen. Geleitet wird der Unterricht von Tadashi SATO, 8ter Dan, Toshihiro UTSUGI, 8ter Dan und Makoto KATADA, 8ter Dan (ich habe hier mal die Schreibweise des Kodokan übernommen, so wird schnell klar, dass ich hier die europäische Notation mit „Vorname Nachname“ verwende. Es heißt also bspw. „Sato Sensei“). Zu erkennen sind die Trainer an der extra Bestickung des Judogi auf der linken Brust. Oder einfach daran, dass sie beim Angrüßen vorne sitzen 😉
Kosten des Judo Trainings im Kodokan
Je nachdem wie lange du in Japan bleibst, und an welchen Trainings du teilnehmen möchtest gibt es verschiedene Möglichkeiten dies zu bezahlen. Eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit im Kodokan kostet 8.000¥ (aktuell rund 67€). Wenn du diese bezahlt hast bekommst du eine schöne Karte und die Möglichkeit für weitere 500¥ (~4,10€) eine „Dojo Entrance Card“ zu erwerben. Diese benötigst du um später ins Dojo zu kommen.
Für die Karte brauchst du zwei Passfotos. Bei uns war es auch kein Problem, dass wir diese im etwas falschen Format mit hatten, hier wird einfach per Hand passend zugeschnitten 😉 Wenn du es besser machen willst: Das korrekte Format ist 3cm x 4cm. Und solltest du vergessen haben Fotos mitzubringen, so ist das überhaupt kein Problem. Wir haben unsere an einem der Automaten gemacht die man an fast jeder U-Bahn-Station findet. Dies kostet dann für 8 Fotos knapp 800¥ (~6,50€) und man kann ganz japantypisch eine wunderbare „skin tone correction“ durchführen lassen.
Wenn du wirklich länger in Japan bist und regelmäßig trainieren möchtest, so lohnt es sich vermutlich die monatliche Gebühr von 5.000¥ (~41€) zu zahlen. Alternativ kannst du auch nur einzelne Tage trainieren und dafür jeweils 800¥ (~6,50€) pro Tag zahlen. Du hast es bestimmt schon selber überschlagen: Sobald du sieben Mal oder häufiger trainierst lohnt sich der monatliche Modus.
Solltest du nur einzelne Trainings/Randori mitmachen wollen, so benötigst du nicht mal eine Kodokan Mitgliedschaft und kannst so natürlich einiges an Geld sparen. Du kommst dann nur auf die 800¥ pro Tag/Training. Hier also nochmal die Kosten aufgestellt:
Mitgliedschaft im Kodokan und Training | ||
Was? | Kosten (¥) | Kosten (~€) |
Kodokan Mitgliedschaft | 8.000 | 67 |
Dojo Karte | 500 | 4 |
Monatsgebühr | 5.000 | 41 |
Kodokan Training ohne Mitgliedschaft | ||
Was? | Kosten (¥) | Kosten (~€) |
Tägliche Gebühr | 800 | 6,70 |
Der Kauf von Judogi und Obi im Kodokan
Da wir gerne neue Judogi kaufen wollten lag die Idee nahe diese im Kodokan Webshop zu bestellen und sie in den Laden vor Ort in Tokyo liefern zu lassen um direkt darin zu trainieren. Auf Nachfrage teilte man uns mit, dass dies zeitlich leider nicht möglich sei, wir hatten einfach zu spät angefragt. Dazu kam, das wir Sondergrößen wollten. Wenn ich mir schon einen Gi für den Preis in Japan kaufe, dann sollte er bitte auch „made in Japan“ sein. Dementsprechend haben wir uns beide für das JOA Modell entschieden. Dieses kann durch die Zusätze „Y“ und „F“ genauer an den Körperbau angepasst werden und ab einem gewissen Grad landet man dann eben in der „Custom„-Kategorie und die Herstellung benötigt mehr Vorlaufzeit. Meiner Erfahrung nach dauert es etwa drei Wochen, bis der so zusammengestellte Gi verfügbar ist.
Zum Glück hatte ich vor einiger Zeit im deutschen Judoforum gelesen, dass es auch möglich sei im Kodokan Gi zu leihen. Dementsprechend fragten wir auch danach, als wir Kontakt mit dem Kodokan aufnahmen.
Mails an den Kodokan
Neben der Frage nach der Bestellung der Gi hatten wir auch generelle Fragen zum Judo Training im Kodokan und dem möglichen Ausleihen von Judogi . Und ja: Gegen 200¥ kann man einen Judogi leihen. Später mehr dazu, wie dies in der Praxis abläuft.
Wir fragten auch nach der Möglichkeit bei diversen Trainings teilzunehmen, nach Details zum Kata Training, zur Kodokan-Mitgliedschaft, etc. Alle Mails wurden zeitnah und sehr nett und kompetent beantwortet. Englisch ist hier überhaupt kein Problem und so konnte alles geklärt werden, bevor wir uns auf den Weg machten.
Ankunft im Kodokan in Tokyo
Zum Kodokan kommt man – ist man erstmal in Tokyo – ganz leicht. Du kannst entweder mit JR zur Station Suidobashi fahren, oder mit der Tokyo Metro nach Kasuga. Der Ausgang A1 von Kasuga liegt etwa 20m vom Eingang des Kodokan Internation Office entfernt. Ein Bild dazu findest du auf der Seite des Kodokan. Meiner Wohnsituation entsprechend bin ich eher mit den JR-Linien unterwegs. Der Weg von der Station Suidobashi aus ist auch durchaus lohnenswert. Man passiert zwei Budoshops und kann auch den Tokaido-Laden besuchen (welcher für Judoka zugegebenermaßen nicht ganz so interessant ist. Aber solltest du mal DEN Bujinkan-Gi suchen…). Zudem kann man sich den Tokyo Dome (das große Baseballstadium) und den angeschlossenen Vergnügungspark ansehen. Für die Zeit nach dem Training gibt es auch eine Menge Restaurants im direkten Umfeld.
Das Kodokan International Office
Unser erster Weg führte uns zum International Office des Kodokan. Der Eingang befindet sich direkt neben der Statue von Kano Shihan. Im Eingang findet man auch alte (japanischsprachige) Ausgaben des Judo Magazins und Poster gratis zum mitnehmen. Im Office selber wurden wir sehr freundlich begrüßt. Da wir ja zuvor schriftlich mitgeteilt hatten, wann und was wir trainieren wollten wusste die Mitarbeiterin auch sofort Bescheid und holte Ausdrucke unseres Mailverkehrs hervor.
Zunächst wurde sich vielmals entschuldigt, dass unsere Gi noch nicht fertig wären (überhaupt kein Problem, wussten wir ja schon,…), danach ging es an die Klärung der Formalien. Und was soll ich sagen: Ein paar Tausend ¥ ärmer bin ich nun offizielles Kodokan Mitglied. Möchte man nur kurzfristig trainieren, so ist dies keine Voraussetzung und man bezahlt einfach eine tägliche „Mat Fee“ (zu den Kosten steht ja oben einiges). Hier findet sich auch ein Stempel für den (deutschen) Judo Pass. Weder kennen die Japaner den Pass, noch könnten sie lesen, was wir uns dort aufgeschrieben haben (in unserem Falle Kata Training), also läuft es darauf hinaus, dass man den Stempel quasi „blanko“ nutzen kann. Mit Hilfe des Personals schrieben wir noch schnell unsere Größen für die Leih-Gi auf und ab ging es ein paar Meter weiter in den Kodokan.
Der Kodokan in Tokyo
Zwischen dem International Office und dem Kodokan selber liegt noch ein Baumarkt. Wenn man sich also auf die Schnelle noch mit nützlichem Zubehör ausstatten möchte kann man auch hier reinschauen. Ansonsten geht es einfach ein paar Meter weiter und hinein in das Hauptgebäude. Hier findet man zunächst den kleinen Kodokan Shop. An diesem haben wir dann auch zu einem späteren Zeitpunkt unsere Gi abholen können. Desweiteren gibt es hier alles was das Judo-Herz begehrt: T-Shirts, Pullover, Obi, Bücher, DVDs, Handtücher, Nagelclipser, Radiergummis,… ok, ich denke du hast jetzt eine Vorstellung davon was ich meine 😉
Im Keller befindet sich noch ein Restaurant, welches ich nicht besucht habe. Auch das Judo Museum findet sich in diesem Gebäude. Um zum Training zu gelangen nutzt man den Fahrstuhl und fährt auf Ebene 4. Hier steigt man fast direkt vor der „Rezeption“ aus, zieht seine Schuhe aus und tritt zu den wiederum sehr freundlichen Mitarbeitern vor. Hier kann man entweder seine Karte scannen, oder – wie in unserem Falle – die vorausgefüllte Karte abgeben, auf der vermerkt war, dass wir die Tagesgebühr zahlen und einen Gi leihen wollen.
Die Mitarbeiter haben hier kein Problem damit, wenn man seine Körpergröße in cm angibt. Alternativ kann man auch das japanische Größensystem nutzen (bspw. Größe 4). Man erhält dann frisch gewaschene Judogi. Wo die allerdings herkommen weiß ich auch nicht. Auf meinem war noch der Name eines Judoka aufgenäht, so dass ich mir einige Witze der Japaner darüber anhören durfte, dass ich ja eigentlich auch Japaner wäre 😉 Wenn man auch einen Obi benötigt, so gibt es eine Wühlkiste, aus der man sich einen passenden aussuchen darf. Hier gab es übrigens nur Schwarzgurte, vielleicht wurde uns aber natürlich auch nur diese Kiste gezeigt.
Nachdem wir unsere 1.000¥ (800 für das Training, 200 für den Leihgi) gezahlt hatten wurde uns die Umkleide gezeigt und das System der Schließfächer erklärt. Eigentlich ganz einfach: Jedes Schließfach hat eine einstellbare Zahlenkombination. Also einfach eine Kombination nach Wahl einstellen, abschließen, das Schloss springt wieder auf 000 zurück und man muss keinen Schlüssel oder Ähnliches mit sich herumtragen. Für Deutsche wohl etwas ungewohnt dürfte die Tatsache sein, dass es keine Bänke in der Umkleide gibt. Es waren vereinzelte Hocker vorhanden, ansonsten findet alles direkt auf dem Boden statt – klar, hier läuft ja auch niemand mit Straßenschuhen herum.
Judo Training im Kodokan
Nach dem Umziehen ging es dann schnell ab ins Dojo im 6ten Stockwerk zum ersten Judo Training im Kodokan. Wie erwähnt haben wir uns für ein Kata Training unter der Aufsicht von Sato Sensei entschieden. Wir wurden sofort freundlich und mit ein paar Brocken englisch begrüßt. Im Anschluss haben wir uns in das Teilnehmer-Buch eingetragen. Hier vermerkt man seinen Namen und die Kata, welche man trainieren möchte. Das Angrüßen findet hier etwas anders statt, als wir es aus Deutschland gewöhnt waren, da man sich auch zu Shomen – in diesem Falle ein Bild Kanos an der Wand – verbeugt.
Nach dem gemeinsamen Aufwärmen, welches zu großen Teilen aus Dehnen und Fallübungen besteht wurden wir gefragt, welche Kata wir trainieren wollen. In unserem Falle war es die Katame-No-Kata, welche wir das erste Mal überhaupt trainieren wollten. Sollte man sich unsicher sein, wer der Trainer ist: Ganz einfach: Die die beim Angrüßen vorne sitzen. Ok, du bist zu spät zum Training gekommen? Die Trainer haben alle ein großes Symbol auf die linke Brust ihres Judogi genäht. Also kaum zu übersehen.
Sato Sensei führte uns auf die mittlere der drei Mattenflächen und es ging sofort los. Uns wurde zunächst die richtige Etikette beim An- und Abgrüßen gezeigt, danach ging es direkt zu den Techniken. Den Ablauf der Kata hier zu beschreiben ist wenig zielführend, da gibt es natürlich deutlich bessere Quellen. Aber hier noch ein paar Anekdoten am Rande:
Anekdoten zum Kata Training
Es fällt – zumindest für meine Gewohnheit – schnell auf, wie lax die Japaner scheinbar gehen. Während ich mir über lange Zeit angewöhnt habe über den Boden zu schlurfen scheinen gerade ältere Japaner deutlich natürlichere Schritte zu machen. Spannenderweise hält sich dies aber nur zum Teil, wenn man genauer hinschaut. Natürlich führen Menschen in dem Alter, die jemandem die Kata zeigen, statt sie selber zu machen die Schritte anders aus. Nichtsdestoweniger sind diese sehr präzise und wohlüberlegt. Hier bekommt man einen guten Eindruck davon, was bei der Kata an „Natürlichkeit“ gefordert wird. Des weiteren ist mir aufgefallen, dass scheinbar viele Japaner deutlich mehr Wettkampf- bzw. Uchi-Komi Erfahrung haben, wenn sie mit der Kata beginnen. Schaute man Kursteilnehmern zu, welche die Nage-No-Kata ausgeführt haben, so war das Kuzushi immer „spot on“, während das Drumherum durchaus noch hakelig sein konnte (klar, auch Japaner fangen irgendwann mal an zu üben).
Nachdem Sato Sensei uns den ersten Teilbereich der Kata (die Haltegriffe) gezeigt hatte kam ein weiterer Japaner (hi Yoshi, war cool mit dir!) dazu, der ebenfalls die Katame-No-Kata lernen wollte. Sato Sensei meinte daraufhin zu mir:
You know how to do it. You are sensei now. Teach!
Wow. Also wenn mal jemand meine Memoiren schreiben sollte hätte ich da gerne „Kata Trainer im Kodokan“ vermerkt 😉 Während Sebastian also weiterhin als Uke liegen blieb habe ich versucht Yoshi die groben Grundlagen der Techniken zu zeigen. Natürlich fand Sato Sensei Teile davon sehr amüsant und sprang entsprechend schnell wieder mit hilfreichen Hinweisen ein.
Nach einiger Zeit der Einweisung und des Herumprobierens legten wir eine kurze Pause ein, nicht zuletzt um anderen den Platz auf der Matte zu überlassen. Denn waren wir zu Beginn der Stunde nur etwa 10 Teilnehmer, so wuchs diese Zahl im Laufe der Zeit stetig an, bis vielleicht 25 Leute das Dojo bevölkerten. Beim zweiten Durchlauf unserer Kata kam uns dann ein weiterer Japaner zu Hilfe (dessen Namen ich leider nicht erfragt habe. Danke auch dir, es war sehr sehr hilfreich!). Nach gut zwei Stunden Kata Training war ich schließlich schweißüberströmt (die Hitze und die Luftfeuchtigkeit tun ihr Bestes…) und verstand das erste Mal, wie hart das Training dieser Kata für die Knie sein kann.
Wir hatten für diesen Tag ein Treffen mit Sandra um 19.30 Uhr verabredet, so dass wir nicht mehr am freien Training in der großen Halle teilnehmen konnten (Hier kannst du lesen, wie es beim Sushi essen war). So hieß es schnell umziehen und raus. Wir haben es uns aber dennoch nicht nehmen lassen schnell noch das Dach des Kodokan zu besuchen. Über eine Treppe, die von dem Besucherbereich der großen Halle ausgeht gelangt man auf das Dach (9ter Stock?). Hier kann man seine Judoanzüge trocknen, oder – so wie wir nun – einfach den Ausblick genießen. Natürlich gibt es spannendere Ecken in Tokyo, aber einfach mal aus dieser Höhe einen Blick in die Nacht zu werfen war schon etwas besonderes.
Unser nächstes Judo Training im Kodokan
In der kommenden Woche waren wir erneut in Suidobashi unterwegs um im Kodokan zu trainieren. Natürlich stand wieder das Kata Training auf dem Programm, und dieses Mal war alles noch entspannter – wir wussten ja nun auch schon besser Bescheid, wo wir hinmüssen, was es abzuholen gilt, wer die Trainer sind, etc. Leider waren unsere Gi noch nicht abholbereit, so dass wir abermals in Leih-Gi trainiert haben.
Das Kata Training verlief zu großen Teilen wie zuvor. Sato Sensei zeigte uns dieses Mal die gesamte Katame-No-Kata. Beim zweiten Durchlauf erhielten wir zudem Unterstützung von einem weiteren Trainer. Und auch bei diesem merkte man die freundliche Herzlichkeit, wie sie hier eigentlich bei jedem anzutreffen war. Abseits von unserem eigenen Training fand ich folgendes besonders bemerkenswert:
Warum es hilfreich ist Kata Training durchzuführen
Während einer kurzen Trainingspause (Erholung und das Freigeben von Mattenplatz für andere…) kam Sato Sensei auf uns zu und fragte, ob wir die Nage-No-Kata könnten. Wir bejahten dies zaghaft, unsicher was nun kommen würde. Gerade als er uns auf die Matte schicken wollte kam ein weiterer Trainer mit einem jungen Japaner im Gepäck an und schickte ihn zu einem wartenden Chinesen, welcher offensichtlich einen Trainingspartner für eben jene Kata suchte. Weder kannten die beiden sich, noch konnten sie sich sonderlich gut verständigen. Aber das war alles überhaupt kein Problem. Die beiden haben dann einfach direkt mit der Nage-No-Kata begonnen und ich muss sagen, dass ich bei den Dan-Prüfungen auf denen ich war selten eine dermaßen gute Demonstration gesehen habe. Und das mit einem Wildfremden! Hier zeigt sich der Sinn hinter Standardisierung. Man kommuniziert ab sofort über den Sport, die gemeinsame Bewegung.
Freies Randori auf der Kodokan Hauptmatte
Da wir dieses Mal keine weiteren Pläne für den Abend hatten, haben wir es uns natürlich nicht nehmen lassen am Randori auf der Hauptmatte des Kodokan teilzunehmen. Noch beim Kata Training haben wir einen Australier und einen Amerikaner kennengelernt, mit denen wir uns gut unterhalten haben. Der Australier hat uns dann auch von seiner Teilnahme am „Rot-Weiß-Turnier“ berichtet. Da er hier u.a. ein Unentschieden erzielen konnte hatte er nun genug Kampfpunkte für seinen zweiten Dan gesammelt. Auch hier nochmal herzlichen Glückwunsch.
Zusammen mit ihm sind wir dann ein Stockwerk höher in die große Halle gegangen und haben weiter trainiert. Er hat dann noch kurz erklärt wie es abläuft: Man verbeugt sich vor Shomen (Kano Jigoros Ehrenplatz) und dem Partner am Rand der Matte. So kann – größtenteils – sichergestellt werden, dass man nicht aus versehen einen wunderbar geworfenen Uke auf seinem Kopf vorfindet. Klar, bei der Anzahl an Schülern muss man auch einiges für die Sicherheit und Übersichtlichkeit tun.
Das erste Randori habe ich dann mit dem Australier gemacht; direkt als ich mich schweißüberströmt hinsetzte kam ein Japaner auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich nicht mit ihm trainieren wolle. Natürlich wollte ich! Zwar war ich noch erschöpft vom Randori zuvor (immerhin war mein Partner einen Kopf größe, bestimmt 30kg schwerer, und deutlich wettkampferfahrener als ich…), aber das spielte keine Rolle. Und so habe ich mir das auch vorgestellt: Otsuka Sensei/Senpai hat es meisterlich verstanden Schwachstellen in meinem Gleichgewicht zu finden. Er hat ohne große körperliche Mühe daran gearbeitet gute Situationen für Wurfansätze zu finden und diese dann ohne Kraft, aber mit enormer Präzision durchgeführt. Ich war schon sehr froh hier ein wenig entgegensetzen zu können, habe dann aber nach kurzer Zeit auch eher probiert auf das Gleichgewicht (seins und meins) zu achten, statt mit Kraft zu arbeiten. Sebastian hat indes mit dem Chinesen, den wir beim Kata-Training kennengelernt hatten gekämpft und die Einheit mit einem wunderbaren Tai-Otoshi beendet.
Der „Onsen“ im Kodokan
Nachdem wir am Tag zuvor in einem Onsen (ein heißes Bad, eigentlich aus Thermalquellen, aber ich benutze den Begriff hier einfach mal etwas lax) in Asakusa waren sehnten sich Sebastian und ich nach dem Training nach der angenehm entspannenden Wärme eines heißen Bades. Wir wussten ja, dass es Duschen gibt, aber zu unserer Überraschung findet sich im Kodokan tatsächlich eine Art Mini-Onsen.
Betritt man das Bad, so findet man linkerhand eine Reihe von Duschen und auf der rechten Seite die bekannten tief aufgehängten Spiegel mit Duschkopf und Waschmöglichkeit. Ganz am Ende findet sich dann eine große Badewanne/Pool/Onsen, mit ca. 3,5m x 2m. So konnten wir das Training ganz entspannt ausklingen lassen, haben uns umgezogen und uns noch die letzten 10 Minuten des offenen Trainings von der Tribüne aus angesehen. Beendet wurde das Training durch laute Trommelschläge. Ein schönes Ritual, welches auch uns in den weiteren Abend entließ.
Fazit zum Judo Training im Kodokan
Würde ich es wieder machen? Sofort! Ist es empfehlenswert? Auf jeden Fall! Sollte es jeder Judoka mal gemacht haben? Aus meiner Sicht ja, sofern man die Zeit und das Geld hat. Natürlich kann man auch in Deutschland/Europa jede Menge lernen und profitiert vermutlich mehr davon wöchentliches Training mitzunehmen, als bspw. zwei Trainings im Kodokan. Allerdings ist die Atmosphäre etwas ganz Besonderes, ebenso wie der Umgang miteinander. Man merkt, dass hier einige der besten Judoka der Welt praktizieren (sowohl als Trainer als auch als Trainierende) und dennoch – oder gerade deswegen – ist der Umgangston offen, freundlich und zuvorkommend. Ich kann es also jedem nur empfehlen und freue mich schon auf meinen nächsten Besuch!
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